Aus einer handschriftlichen Chronik von 1890

Auszüge aus einer handschriftlichen Chronik von 1890

Charsamstag. d. 5. April.

Vom Gründdonnerstag auf Charfreitag sind in der Nacht in wenig Stunden ½ 1 – 5 Uhr acht Häuser ein Raub der Flammen geworden:
die 4 dem Pfarrhaus gegenüberliegenden des Stadtschultheißen u. Verwaltungsaktuar Const. Ilg gerade vis a vis dem Lehrerhaus, an der Ecke der vorderen u. der Färbergasse, ferner das des Postexpediteur Isidor Alber, welcher noch nicht lange erst geheiratet hatte, ferner das des Kaufmann Leibinger (mit Holzbalkon, aber nur 2stockig) ferner das des Hirschwirt Rud. Leibinger, dessen große Wirtschaftsstube zwar nieder aber ganz mit Holz ausgetäfert war, sodann der sg. Adler, an welchem mehrere Familien Teil hatten. In der hinteren Gasse, wo das Feuer in d. Haus d. “ Murenbecks“ Christian Leibinger am unteren Eck (wahrscheinlich aus Unvorsichtigkeit) entstanden, sind außer diesen noch abgebrannt das eines gewissen Fried. Mayer (Obermanns) u. das geräumige des Bauern Johann Leibinger Kallenberger (dreistockige Wohnhaus nebst Scheuer.).

Auch d. Lehrerwohnung und das Gasthaus zur Sonne fingen schon zu brennen an, woraus ersichtlich wie gefährdet das Pfarrhaus selber war. Es wurde fast die ganze Einrichtung mit Büchern ausgeräumt u. alles in den Hausgang des vorderen Schlosses untergebracht.
Neben dieser Chronik wurde auch in der Zeitung noch ausführlich berichtetet, wo es unter anderem noch hieß :
Bald erfassten die Flammen auch das Haus des Kaufmanns und Postexpeditors Alber, der noch die Postkasse samt Bücher retten und die Tuttlinger Feuerwehr telegraphisch benachrichtigen konnte, dann aber mit den seinigen eiligst fliehen musste. Sein Haus samt Post und Telegraphenbureau stand bei der ca 2 Uhr erfolgten Ankunft der Feuerwehren aus Stetten, Nendingen und Kolbingen in hellen Flammen. 13 Familien wurden obdachlos versichert sind alle bis auf den Bauern J.(Kallenberger) Auch die Stadtpfarrkirche wurde in Gefahr gebracht, da infolge des zur Zeit herrschenden Nordwindes Feuerfunken massenweise über die Häuser hinweg in den Kirchturm verweht wurden und eine dort aufbewahrte Fahne in Brand geriet. Einem neben dem Glockenstuhl postierten Feuerwehrmann gelang es, die Gefahr rasch zu beseitigen. Es wahr wohl bei der Nachmittagspredigt allen Zuhörer aus den Herzen gesprochen wenn eingangs im Rückblick auf die schreckliche Nacht die Worte des Propheten angewendet wurden:
„Barmherzigkeit des Herrn ist es das wir nicht vernichtet sind.“